Eine ungesunde Gesundheitsreform in der Schweiz, Teil 2

In meinem letzten Blog habe ich über die vom Schweizer Bundesrat vorgeschlagene Reform des Schweizer Gesundheitswesens und über eine umstrittene Massnahme zur Einführung von Budgetbeschränkungen für die ambulante Gesundheitsversorgung geschrieben, mit der die Ausgaben für Behandlungen begrenzt werden. Die Einzelheiten sind in meinem letzten Blog erläutert. Diese Massnahme wird von den Betroffenen fast einhellig abgelehnt: von Patient:innen, Ärzt:innen, Versicherern und der Industrie.

Die Vorschläge wurden dem Parlament im Frühjahr vorgelegt. Dieses Blog-Titelfoto wurde von Michel Guillaume, Korrespondent des Bundeshauses für die Schweizer Zeitung "Le Temps", auf Twitter veröffentlicht und zeigt die Anwesenheit bei der Parlamentssitzung am 31.05.2022. Es dokumentiert die Beteiligung und das Engagement - oder vielmehr den Mangel daran - der Schweizer Parlamentarier:innen bei der Diskussion eines der wichtigsten Themen für die Bürger:innen und die Gesellschaft - die Gesundheitsreform zur Schaffung eines Gesundheitssystems, das die beste Versorgung für alle in der Gesellschaft bietet. Wie Michel Guillaume von Le Temps berichtete, nahmen nicht einmal ¼ der Parlamentarier:innen an der Debatte teil. Vor diesem Hintergrund der Gleichgültigkeit wurde das Gesetz am 07.09.2022 ordnungsgemäss verabschiedet, der Bundesrat nahm die Gesetzesvorlage zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes an.

Die genehmigte Strategie lässt viele andere Möglichkeiten zur Kosteneinsparung und zur Verbesserung der Qualität der Versorgung ausser Acht. Insbesondere werden die Möglichkeiten zur Kosteneinsparung ignoriert, die sich ergeben, wenn man den Patient:innen zuhört - etwas, worüber ich in diesem und anderen Blogs geschrieben habe. Diese wären beträchtlich - wenn die richtigen Anreize und Strukturen zur Verfügung gestellt würden.

Patient:innen im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung

Die Reform sollte die Patient:innen in den Mittelpunkt des Gesundheitswesens stellen und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich das System auf künftige Herausforderungen und Chancen vorbereiten kann. Politiker scheinen das Schweizer Gesundheitssystem als eine fiskalische Belastung zu sehen, die durch Sparmassnahmen und Budgetbeschränkungen bewältigt wird. Meiner Meinung nach ist ein effektives und effizientes Gesundheitssystem eine Investition in die Arbeitskräfte als Voraussetzung für eine florierende und gleichberechte Wirtschaft. Ich bestreite nicht, dass es im Schweizer System enorme Kostenineffizienzen gibt. Jede/r, der oder die das System nutzt, wird häufig mit ihnen konfrontiert. Die Reformbemühungen der Regierung scheinen das Problem darin zu sehen, dass Ärzt:innen medizinisch ungerechtfertigte Behandlungen durchführen und ambulanten Patient:innen zu viele Medikamente verschreiben, für eine Behandlung, die sie nicht wirklich brauchen und ihre Beschwerde sich vielleicht nur ausdenken. Ist dies wirklich die Hauptursache der Probleme?

Wie die meisten Menschen, die von chronischen Krankheiten[1] betroffen sind, gehe ich relativ häufig zum Arzt und nehme teure Medikamente ein. Vielleicht führen Budgetrestriktionen dazu, dass mein Arzt meine Versorgung einschränkt und damit die direkten Kosten meiner ambulanten Behandlung reduziert. Aber chronische Krankheiten verursachen auch indirekte Kosten, nämlich den krankheitsbedingten Produktivitätsverlust der Patienten und ihrer Familien. Es gab Zeiten, in denen ich nicht zum Dorfladen gehen konnte, nicht schlafen konnte und nicht arbeiten konnte. Insgesamt habe ich fünf Jahre meines Lebens damit verbracht, Arbeitslosengeld zu beziehen. Jetzt arbeite ich Teilzeit.

Meine Situation ist keine Ausnahme. Es gibt Tausende von Menschen, denen es so ergeht. [2 ] Wenn die ambulanten Dienste eingeschränkt werden, die es Menschen wie mir ermöglichen, wieder ein normales Leben zu führen, können die indirekten Gesundheitskosten und das damit verbundene Elend und die Not der betroffenen Patient:innen steigen. Und diese Kosten sind nicht zu vernachlässigen. Wie die nachstehende Grafik zeigt, sind die indirekten Kosten von muskeloskelettalen Erkrankungen viel höher als die direkten Kosten der ambulanten Behandlung. Schauen wir uns das genauer an.

Die Gesundheitskosten werden nicht von den Ärzten verursacht!

In der Schweiz sind 80 % der Gesundheitskosten auf chronische oder nicht übertragbare Krankheiten (NDCs) zurückzuführen - in normalen Zeiten ausserhalb der Covid-19-Pandemie. Die vier grössten Kostentreiber sind hier dargestellt, wobei die direkten Kosten lila[3] und die oben erwähnten indirekten Kosten türkis[4] schattiert sind. Die grösste Krankheitsgruppe sind die muskeloskelettalen Erkrankungen. Es ist ersichtlich, dass die gesamten indirekten Kosten für die vier teuersten Krankheiten höher sind als ihre direkten Kosten. Diese Zahlen wurden zuletzt im Jahr 2011 veröffentlicht. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind die Kosten der NDCs in der Schweiz zwischen 2011 und 2019 um weitere 28% gestiegen.

Die neuen Massnahmen werden die ambulante Gesundheitsversorgung einschränken, aber sie gehen nicht den Bereich an, in dem die meisten Kosten anfallen: die indirekten Kosten. Stattdessen werden die Massnahmen mit ziemlicher Sicherheit die Qualität der Versorgung verringern und die Wahlmöglichkeiten der Patienten einschränken, was zu höheren indirekten Kosten führen kann. Ausserdem werden sie zu höheren Verwaltungskosten führen, da das medizinische Personal den Nachweis erbringen muss, dass es keine überhöhten Ausgaben tätigt. Dies kann durchaus zu unerwünschten Ausweichmanövern und Nebenwirkungen führen.... Wie wirken sich diese bürokratischen Massnahmen und der bürokratische Aufwand beispielsweise auf die Motivation der Ärzt:innen und des Pflegepersonals aus, von denen viele durch die mehr als zwei anstrengenden Jahre der Pandemie bereits demoralisiert sind?

Patient:innen wissen es am besten!

Meine Ärzte wollen das Beste für mich. Sie haben ein enormes Fachwissen und wissen viel über meine Krankheiten. Aber ich weiss auch viel über mich selbst, weil ich 24/7 mit meinen Krankheiten lebe. Vor allem bei chronischen Patienten mit Multimorbidität kann sich kein Arzt oder Ärztin dieses Wissen jemals aneignen, wenn er/sie Patient:innen vielleicht 1-2 Mal im Jahr sieht.

Das Gesundheitswesen hat eine jahrhundertelange Tradition des Patriarchats und nicht auf den Verbraucher zuhören. Überlegen Sie mal: In welchen anderen Branchen werden die Verbraucher:innen nicht nach ihren Bedürfnissen und Wünschen befragt? Ich habe vor über 5 Jahren begonnen, diesen Blog zu schreiben, weil es mir der beste Weg schien, meiner Stimme als Patientin Gehör zu verschaffen. Seither hat der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) damit begonnen, einige medizinische Forschungsprojekte zu finanzieren, bei denen die Patient:innen einbezogen werden müssen. Die Swiss Clinical Trials Organisation (SCTO) hat damit begonnen, Ressourcen über PPI (Patienten- und Öffentlichkeitsbeteiligung) in der klinischen medizinischen Forschung zu erstellen. Die Schweizerische Patientenorganisation SPO ist dabei, einen beratenden Patientenrat einzurichten, der sich aus Patient:innen zusammensetzt. Andere Patientenorganisationen ergreifen ähnliche Initiativen, obwohl diese Patient:innen noch selten in die Entscheidungsgremien eingebunden sind. Patientengeführte Organisationen sind in der Schweiz fast unbekannt. [5] Die RheumaCura-Stiftung, die ich letztes Jahr mitbegründet habe, ist eine der ersten.

In den öffentlichen Gesundheitskommissionen, die die Regierung beraten, werden immer häufiger auch Patientenvertreter:innen einbezogen, auch wenn diese Position bisher in der Regel von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe und nicht von Patient:innen mit gelebten Erfahrungen wahrgenommen wird. Wenn eine Politiker:in mit mir sprechen wollte, würde ich viele Fragen haben. Zwei davon werden durch diesen Blog aufgeworfen:

Warum werden die indirekten Kosten der Gesundheitsversorgung in der Gesundheitsreform nicht berücksichtigt?

Warum werden chronisch Kranke nicht so unterstützt, dass sie weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, so lange wie möglich arbeiten können, aktiv an der Gesellschaft teilhaben und durch ihre Einkünfte Steuereinnahmen an den Staat abführen?


[1 ] Diese werden auch als nicht übertragbare Krankheiten bezeichnet und sind allgemein definiert als Erkrankungen, die ein Jahr oder länger andauern und ständige medizinische Betreuung erfordern oder die Aktivitäten des täglichen Lebens einschränken oder beides. Dies steht im Gegensatz zu akuten Erkrankungen, die plötzlich auftreten, sofortige oder sich schnell entwickelnde Symptome haben und von begrenzter Dauer sind, wie z. B. eine Grippe.

[2 ] Am Beispiel von Krebsüberlebenden wurde dazu aufgerufen, die indirekten Kosten für chronisch Kranke anzugehen. Françoise Meunier, ehemalige Präsidentin der Europäischen Organisation für Forschung und Behandlung von Krebs, fordert Massnahmen zur Beendigung der Diskriminierung von Krebsüberlebenden am Arbeitsplatz und in finanzieller Hinsicht, die zu hohen indirekten Kosten der Krankheit führt.

[3 ] Wieser (2014) definiert direkte Kosten als medizinische Kosten, die direkt durch den Ressourcenaufwand für die Behandlung einer Krankheit entstehen (stationäre Kosten, ambulante Kosten, Medikamentenkosten) und nicht-medizinische Kosten wie z.B. die Anpassung der häuslichen Einrichtungen, die in dieser Studie nicht gemessen wurden. Siehe Wieser et al. (2014) Die Kosten der nicht übertragbaren Krankheiten in der Schweiz, Schlussbericht im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit.

[4 ] Wieser (2014) schreibt, dass Produktivitätsverluste bei Patient:innen in Form von verminderter Leistung während der Arbeit (Präsentismus), vorübergehender Abwesenheit von der Arbeit (Absentismus) oder dauerhafter Abwesenheit (Frühverrentung) auftreten. Darüber hinaus können Produktivitätsverluste durch einen vorzeitigen Tod entstehen. Bei Angehörigen verursacht die unbezahlte Pflege (informelle Pflege) Produktivitätsverluste).

[5] Patientengeführt im Sinne der Europäischen Arzneimittelorganisation (EMA)

"Der Schrecken wird uns mild, das Dunkel hell"

Der englische Dichter John Milton schrieb diese Zeilen in den 1660er Jahren in seinem epischen Gedicht Das verlorene Paradies*. Es war eine Zeit der gescheiterten Revolutionen, der religiösen Unterdrückung, der sozialen Konflikte und der Pest, die das Land heimsuchte und gegen die es weder Impfstoffe noch wirksame Schutzmassnahmen oder Intensivstationen gab.

Ich werde oft an seine Worte erinnert, und sie geben mir Hoffnung. Zum Glück kennen heute in der Schweiz nur wenige von uns das schreckliche Leid derjenigen, die einen geliebten Menschen durch eine Pandemie verloren haben oder chronisch krank sind. In den letzten Tagen wurde darüber diskutiert, ob wir Skifahren gehen können oder ob die Trams weiterfahren werden. Für die meisten Menschen ist SARS-CoV2 eine Unannehmlichkeit und nicht lebensbedrohlich. Dennoch verursacht die Pandemie grosses Leid in der Welt, und es hilft mir, mich daran zu erinnern, dass Pandemien nichts Neues sind und das normale Leben zurückkehren wird.

Deshalb haben ich und drei Mitstreiter mitten in der Pandemie eine Initiative für mehr patientenzentrierte Forschung zu rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen gestartet. Im Mai haben wir eine Stiftung namens RheumaCura gegründet. Mehr dazu erfahren Sie auf unserer Website.

Als ich RheumaCura gründete, fragte ich mich, ob wir uns nicht mit dieser unmittelbaren Krise befassen sollten. Milton erinnert mich jedoch daran, dass diese Zeiten vorübergehen werden und dass aber die Herausforderungen, die es zu lösen gilt, immer noch bestehen werden. Eine bessere Behandlung und die Suche nach Heilungsmöglichkeiten für rheumatische Erkrankungen sind immer noch wichtig und es gibt viel zu tun.

Unser Bestreben, die Patient*innen stärker in die Gesundheitsversorgung einzubeziehen, hat vielleicht etwas mit der aktuellen Krise zu tun. Die Bewältigung der Pandemie wird dadurch verlangsamt, dass nicht genügend Menschen geimpft wurden. In der Schweiz ist ein Impfstoff für alle verfügbar, aber ein bedeutender Teil der Bevölkerung will ihn nicht. Dies könnte nun zu einer beispiellosen Gesundheitskrise in der Schweiz führen, die nach Ansicht der Gesundheitsexperten völlig vermeidbar wäre. Wenn wir eines aus Covid-19 gelernt haben, dann, dass die Gesundheitsbehörden gegen die Pandemie machtlos sind, wenn die Bevölkerung ihre Initiativen nicht unterstützt.

Die Gründe für die Ablehnung von Impfungen sind vielschichtig, aber ein wichtiger Aspekt ist sicherlich das Vertrauen. Mike Ryan, Leiter des Programms für gesundheitliche Notfälle bei der Weltgesundheits-organisation, erklärte kürzlich: "Was mich bei dieser Pandemie am meisten schockiert hat, war das Fehlen oder der Verlust von Vertrauen", sagte er über die mangelnde Bereitschaft der Menschen, den Ratschlägen der Verantwortlichen für das öffentliche Gesundheitswesen und den von den Regierungen festgelegten Eindämmungsmassnahmen zu folgen.

Menschen, die kein Vertrauen in Gesundheitsexperten oder fundierte wissenschaftliche Beweise, in demokratisch gewählte Regierungsbehörden oder in die Medien haben, werden den von diesen Quellen gelieferten Informationen kein Glauben schenken. Sie geben sich Ängsten hin, die keine wissenschaftliche Grundlage haben. Die amerikanische Wissenschaftsjournalistin Tara Haelle schreibt anschaulich über die Gründe für die zögerliche Haltung gegenüber Impfungen, über ihre lange Geschichte und darüber, warum niemand überrascht sein sollte.

Doch selbst unter der geimpften Mehrheit ist die Wahrnehmung weit verbreitet, dass das Gesundheitswesen in der Schweiz stark von der Pharmaindustrie, von Leistungserbringern wie riesigen Spitälern und von korporatistischen Einrichtungen wie den Verbänden der Krankenversicherer beeinflusst wird. Das System ist hochkomplex, hierarchisch und für Aussenstehende nicht leicht zu verstehen. Patient*innen fühlen sich oft wie Objekte in einer riesigen und mächtigen Industrie, in der sie per definitionem verletzlich sind. Es könnte mehr Vertrauen und Zusammenarbeit im Gesundheitswesen entstehen, wenn es bürgernäher wäre und die Bürger*innen stärker einbezogen wären und sich selbst stärker beteiligten.

 Ein Gesundheitssystem, wo die Patientenstimme auf allen Ebenen gehört wird, bietet eine bessere Versorgung und kann das Vertrauen in gesundheitlichen Empfehlungen stärke. Die Umsetzung der empfohlenen Massnahmen durch die Patient*innen ist wichtig für die beste Behandlung oder das optimale Ergebnis. Dies haben wir noch nie so deutlich gesehen wie bei der aktuellen Pandemie.

Lesen Sie mehr über unsere Vision und Arbeit auf der RheumaCura Website

* John Milton: Das verlorene Paradies. Aus dem Englischen von Hans Heinrich Meier, Stuttgart 2008

Sonnenuntergang in Bern
"Das Dunkel hell" Überlegungen zur Covid-19-Pandemie

Mit 60 den Eiger besteigen?

"Du machst wohl Witze", sagte meine Freundin Jeannie über meinen Plan, den Eiger über den Mittellegigrat zu besteigen. Oder vielleicht dachte sie, ich sei verrückt. Immerhin leide ich seit Jahrzehnten an schwerer Spondyloarthritis und mittelschwerer Darmentzündung.

Die Medikamente, die ich nehme, haben jedoch einen enormen positiven Einfluss auf meine Lebensqualität und machen einen solch verrückten Plan denkbar. Aber es ist ein grosser Unterschied, ob man sich gut fühlt, mit erträglichen Schmerzen und in der Lage ist, den Tag zu überstehen, oder ob man sich wirklich, wirklich fit und stark und zuversichtlich fühlt. Und das ist die Veränderung in den letzten zwei Jahren, seit mir die Macht der "Lifestyle-Medizin" bewusst geworden ist.

Veränderungen in meinem Lebensstil haben mein Leben verändert und es mir - einer 60-jährigen Frau mit chronischer Krankheit - ermöglicht, den Eiger zu besteigen. Ich möchte meine Erfahrungen teilen. Vielleicht werden meine Erkenntnisse für andere von Nutzen sein. Aber bitte denken Sie daran, dass ich keine Ärztin bin und dies kein medizinischer Ratschlag ist. Jeder Mensch ist anders. Probieren Sie Dinge aus, holen Sie sich professionelle Unterstützung, wenn Sie können, und beobachten Sie genau, was für Sie funktioniert!

Am Ende dieses Blogs finden Sie eine Diashow der Eiger-Bergtour!

Was ist Lifestyle-Medizin?

Nach Angaben des American College of Lifestyle Medicine nutzt es evidenzbasierte Verfahren, um Menschen dabei zu unterstützen, gesunde Verhaltensweisen anzunehmen und aufrechtzuerhalten, die sich auf Gesundheit und Lebensqualität auswirken. Einige Gesundheitsfaktoren des Lebensstils sind inzwischen gut bekannt: Rauchen Sie nicht, halten Sie Ihr Gewicht unter Kontrolle und treiben Sie regelmässig Sport. Aber die Vorteile, die sich aus diesen Veränderungen des Lebensstils ergeben, scheinen von den meisten Ärzt*innen nicht empfohlen zu werden. Vielleicht sind sie nicht ausreichend bewiesen, oder sie sind nicht bekannt, oder man glaubt nicht an sie. Aus welchen Gründen auch immer, das sind alles Dinge, die ich mehr oder weniger für mich selbst herausgefunden habe.

Die Lifestyle-Medizin konzentriert sich auf Schlaf, Ernährung, Bewegung und Stressabbau.

Schlafen

Sorgen, Überlastung oder Medikamente haben in den letzten Jahren meine Fähigkeit, gut zu schlafen, beeinträchtigt. Viele Menschen wissen, wie problematisch Schlaflosigkeit sein kann und wie sich ein Mangel an regelmässigem Schlaf auf das Wohlbefinden auswirken kann und wie schön es ist, gut zu schlafen. Eine Quelle der Unterstützung kam von Dr. Guy Meadows und seinem Ansatz namens ACT (Acceptance and Commitment Therapy). In der Sleep School lehrt er, wie man Schlaflosigkeit durch Beobachtung und Akzeptanz überwinden kann. Das funktioniert bei mir oft. Der Versuch, meine Ängste und Befürchtungen auf diese Weise zu kontrollieren, entspricht meinem Ansatz zur Stressreduktion durch Meditation und Achtsamkeit (siehe unten).

Der wichtigste Faktor, der meinen Schlaf beeinflusst, ist jedoch die Ernährung, auf die ich näher eingehen werde.

Ernährung

Ich beobachte schon seit einiger Zeit genau, was ich esse, und habe meine Erfahrungen in einem früheren Blog mit dem Titel Bin ich wirklich das, was ich esse? Ich folge immer noch den Empfehlungen, die ich von Ernährungswissenschaftlern erhalten habe, und esse eine mediterrane Ernährung mit viel Obst und Gemüse. Jetzt kann ich mir nicht mehr vorstellen, anders zu essen. Es ist köstlich!

Aber was ist mit weniger oder weniger oft essen? Meine ersten Gedanken und Eindrücke über das Fasten waren Ein neues F-Wort: FASTEN - Liebe oder Hass? Seit ich im August 2019 mit dem Intervall-Fasten begonnen habe, glaube ich, dass es einen grossen Einfluss auf mein Wohlbefinden hat!

Es ist viel über die Ernährung als Faktor bei der Kontrolle von Entzündungskrankheiten geschrieben worden, aber was ich in den letzten 6 Monaten oder so entdeckt habe, ist, dass es genauso wichtig ist, wann ich esse, wie das, was ich esse. Das Intervall-Fasten hat einen wirklichen Unterschied zu meinem empfindlichen Darm gemacht, und ich glaube, dass die Verringerung von Darmreizungen oder sogar Entzündungen in meinem Darm mein gesamtes Wohlbefinden beeinflusst und vielleicht sogar dazu beigetragen hat, Entzündungen in meinem Rücken und in den Gelenken zu verringern. Seit mehr als 6 Monaten esse ich meine letzte Mahlzeit in der Regel bis 18 Uhr abends und faste 16 Stunden lang, d.h. morgens nehme ich einen Kräutertee und irgendwann nach 10 Uhr morgens ein leckeres Frühstück mit Kaffee, Obst, Vollkornmüsli und Joghurt zu mir.

Dr. Satchidananda Panda vom Salk Institute of Biological Sciences in Kalifornien erforscht den zirkadianen Rhythmus und untersucht, wie dieser Funktionszyklus, der sich über 24 Stunden wiederholt, unsere Leistungsfähigkeit, unsere Stimmung und unsere allgemeine Gesundheit beeinflusst. Das bekannteste Beispiel ist der Schlafzyklus. Dr. Panda glaubt, dass der Nutzen des Schlafs für das Gehirn im zirkadianen Rhythmus nur die Spitze des Eisbergs ist. Andere Organe haben einen zirkadianen Rhythmus und brauchen ebenfalls Zeit, um sich auszuruhen und zu erholen, wie zum Beispiel das Verdauungssystem. Die zirkadiane Uhr kann sogar das Immunsystem vermitteln. Er hat die Vorteile des Fastens in den letzten 20 Jahren ausgiebig getestet und glaubt, dass jede Zelle in unserem Körper ihre eigene zirkadiane Uhr hat. Jedes Hormon, jeder Neurotransmitter, jedes Gen in unserem Körper hat Zeiten, in denen es am besten funktioniert, und Zeiten, in denen es sich ausruhen, reparieren und neu einstellen muss. Die zirkadiane Uhr ist nicht nur mit dem Schlafen verbunden, sondern auch mit dem Essen und der körperlichen Betätigung. Es ist also wichtig, nicht nur zur richtigen Zeit zu schlafen, sondern auch zur richtigen Zeit zu essen.

Seine ersten Ergebnisse erzielte er bei Mäusen, die eine bestimmte "westliche" Ernährung erhielten. Eine Gruppe konnte nur innerhalb eines begrenzten Zeitfensters von 8 Stunden essen. Die andere Gruppe konnte genau die gleiche Menge an Nahrung zu sich nehmen, jedoch ohne zeitliche Einschränkungen. Nach einigen Wochen waren die Mäuse, die 16 Stunden am Tag fasteten, viel schlanker, energiereicher und im Allgemeinen gesünder als die Mäuse, die den ganzen Tag essen oder naschen konnten. In den letzten 5 Jahren hat er seine Forschung auf Tausende von menschlichen Freiwilligen ausgedehnt, die ihre Essgewohnheiten überwachen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Wohlbefinden der Menschen sich auch verbessern kann. Abgesehen von Gewichtsabnahme, verbesserter Stimmung und besserem Schlaf berichten die Studienteilnehmer*innen von weiteren Vorteilen wie verringerten Gelenkschmerzen und Entzündungen. Dr. Panda erklärt seine Arbeit im BBC-Podcast Don't tell me the score.

Das erscheint mir durchaus plausibel, denn die Auswirkungen des Intervall-Fastens in den letzten Monaten auf meine Verdauung und damit auf mein allgemeines Wohlbefinden waren nicht weniger als dramatisch. Durch das Fasten gebe ich meinem Verdauungssystem eine Auszeit, in der es keine neue Nahrung verdauen muss und sich ausruhen und erholen kann. Ich spüre, wie mein Darm entspannter ist, wie viel besser ich schlafen kann und wie energisch ich bin. Für jemanden, der jahrzehntelang unter einem undichten Darm und chronischen Entzündungen gelitten hat, ist dies ein echtes Geschenk für mich.

Wenn Sie die Wissenschaft verstehen (in der ich leider nicht ausgebildet bin), dann ist diese Arbeit hier zusammengefasst: Mattson MP, Allison DB, Fontana L, Harvie M, Longo VD, Malaisse WJ, Mosley M, Notterpek L, Ravussin E, Scheer FA, Seyfried TN, Varady KA, Panda S. Meal frequency and timing in health and disease. Proc Natl Acad Sci U S A. 2014 Nov 25;111(47):16647-53. doi: 10.1073/pnas.1413965111. Epub 2014 Nov 17. PMID: 25404320; PMCID: PMC4250148.

Fit werden

Um mich während des Lockdowns bei Laune zu halten, habe ich einen Plan "5 Tipps zur Bewältigung Ihres Tages" ausgearbeitet, der tägliche Übungen beinhaltete. Ich benutzte ein Online-Fitnessprogramm mit einer Vielzahl von Optionen, von Stretching und Yoga über Pilates bis hin zu PIIT (professionelles intensives Intervalltraining!). Es war erstaunlich, wie mich das mehrere Monate lang jeden Morgen fitter machte, als ich es mir je hätte vorstellen können, obwohl ich nie weit von zu Hause wegging, geschweige denn in die Berge.

Stress Management

Der Schlüssel zum Stressabbau ist für mich ein paar Minuten Achtsamkeit oder Meditation vor Beginn des Tages. Es hilft mir auch, meine Gedanken und Absichten zu sammeln, indem ich ein Tagebuch führe. Falls Sie sich für dieses Thema interessieren, habe ich in einem früheren Blog, dem Lockdown, über Stressabbau nachgedacht.

Mit vereinten Kräften den Eiger besteigen!

All diese Praktiken helfen beim Krankheitsmanagement und verbessern mein Wohlbefinden. Es ist ein schrittweiser Prozess. Es hat Monate gedauert, bis sich Änderungen der Lebensweise in einem verbesserten Wohlbefinden niederschlugen. Die Entdeckungen waren ein Prozess von Versuch und Irrtum. Keine Kliniker*in hat mir geraten, diese Praktiken anzuwenden. Ich musste das verfügbare Material durchsehen und selbst entscheiden, was Quacksalberei und was verantwortungsvoller Rat ist. Wenn ich mir bei einer Theorie nicht sicher bin, überprüfe ich, ob der Autor der Empfehlungen bereit war, seine Ideen einer Prüfung zu unterziehen, indem er sie veröffentlicht. Wenn es keine neueren Veröffentlichungen auf PubMed gibt, dann bin ich skeptisch, ob die Arbeit seriös ist, und verwerfe sie.

Es muss noch viel mehr Forschung betrieben werden, um evidenzbasierte, allgemeingültige Empfehlungen zum Wohle aller Patient*innen geben zu können. Die Spondylitis Association of America hat vor kurzem ein ausgezeichnetes Webinar über Lifestyle-Gesundheitsfürsorge veröffentlicht, aber ansonsten ist es schwierig, vertrauenswürdige Informationen zu finden. Ich glaube, wenn die Gesundheitsforschung mehr auf das Wohlbefinden der Patient*innen ausgerichtet wäre und nicht von kommerziellen Erwägungen oder persönlichen Bestrebungen getrieben würde, würde diesen Bereichen eine viel höhere Priorität eingeräumt.

Vor allem glaube ich, dass ohne all diese Veränderungen des Lebensstils... Ich hätte nie und nimmer im Alter von 60 Jahren den Eiger besteigen können!

Hier ist die Eiger-Tour in Bildern - viel Spass!

Covid-19 Lockdown: Wie läuft es?

Als der Lockdown Mitte März in der Schweiz begann, schrieb ich über meine Strategie zur Bewältigung der Corona-Zeiten. Ich nannte 5 Dinge, von denen ich dachte, sie könnten mir durch diese aussergewöhnliche Zeit helfen. Wo bin ich jetzt? Wie fühle ich mich jetzt?

Heute werden entscheidende Massnahmen gelockert, Schulen, Geschäfte und Restaurants wieder geöffnet. Wie viele Schweizer*innen bin ich erleichtert, dass die letzten zwei Monate nicht so tödlich waren wie erwartet. Aber ich bin auch tief misstrauisch. Wird es eine zweite Welle geben? Warum ist es in Ordnung, jetzt zu öffnen? Wurde uns nicht gesagt, dass es zuerst weit verbreitete zuverlässige Tests geben muss? So vieles ist unbekannt, und es gibt ungefähr so viele Meinungen über den Ausgang der Pandemie, wie es Menschen gibt, die sie äussern.

Meine persönliche Erwartung ist, dass es noch lange dauern wird, bis die Gesundheitsbehörden mir sagen, dass ich die Menschen, die ich liebe, umarmen kann ..... an Orte reisen kann, die ich gerne besuchen möchte ..... ohne Angst leben muss, dass ich krank werde oder anderen Menschen Schaden zufüge ..... Was ist meine Verantwortung für mich selbst und für die Gesellschaft, in der ich lebe? Wie wirkt sich Lockdown auf meine Gesundheit und mein Wohlbefinden aus?

Es ist also Zeit, meine Absichten zu überdenken, meine Gefühle zu untersuchen und zu überlegen...

Wie haben mir die 5 Absichten geholfen?

Meinen Körper bewegen

Ein Trainer schickte mir einen Link zu einem Fitnessstudio, das etwa drei tägliche Trainingseinheiten übertrug - alles von Yoga bis hin zu hartem Intervalltraining. Ich habe also jeden Morgen ein Workout gemacht, und es fühlt sich wirklich toll an. Manchmal ging ich stattdessen laufen oder spazieren, aber meistens war ich @home.

Meditieren

Nach einem wackeligen Start erzählte mir ein Freund, dass Jon Kabat-Zinn während der Pandemie jeden Abend vor Tausenden von Menschen Achtsamkeit Meditationen anbietet. Segne ihn! Seine Gespräche waren eine wunderbar beruhigende und tröstende Art, den Tag zu beenden. Manchmal brechen wir nach der Meditationssitzung in kleine Gruppen zum Thema im Zoom aus und tauschen Ideen und Erfahrungen über Kontinente hinweg aus. Ich verstehe langsam, worum es bei der Achtsamkeit geht.

Überfällige Aufgaben erledigen

Jeden Sonntagabend nehme ich ein Blatt Papier und schreibe darauf, was ich in der nächsten Woche erledigt haben möchte. Arbeit, aber auch Putzen, Gartenaufgaben, Lesen. Vieles macht mir Spass, manches nicht - wie die Steuererklärung. Ich habe ziemlich viel erledigt und eine gute Struktur gefunden, aber ich war so damit beschäftigt, Dinge auf meiner Liste abzuhaken, dass ich manchmal vergass, Freude an dem zu haben, was ich tue.

Fernsehen vor dem Schlafengehen

Es ist eine fast morbide Faszination, die Welt in der Krise zu verfolgen und zu sehen, wie verschiedene Führungspersönlichkeiten und Kulturen mit ihr umgehen. Ich fühlte mich abends oft von den Nachrichten angezogen. Es gibt auch viele interessante Hintergrundsendungen. Sie abends anzuschauen, machte mich trotzdem unglücklich und unfähig zu schlafen. Es hat lange gedauert, bis ich mir das nicht mehr antat.

Liebe und Mitgefühl

Es war leicht, sich an die Kraft der Liebe und des Mitgefühls zu erinnern. Die wunderbaren Gesten der Liebe und Solidarität, insbesondere durch die Arbeit von Künstlern in den sozialen Medien, oder spontane Online-Unterstützungsgruppen oder Nachbarschaftshilfe beim Einkaufen oder Singen auf Balkonen. Der wunderbare Einsatz der Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens an vorderster Front und der Mitarbeiter*innen der Grundversorgung, die unsere Lebensmittel ausliefern und im Allgemeinen die Dinge am Laufen halten, war ganz aussergewöhnlich. (In der Zwischenzeit genossen viele Büroangestellten den Luxus der Entschleunigung in der Abgeschiedenheit mit einem engeren Familienlebens, den die Arbeit im Heimbüro bietet).

Ist also alles in Ordnung?

Man könnte meinen, für mich sei alles in Ordnung. Eigentlich ist es ziemlich ernüchternd, mein Tagebuch der letzten 6 Wochen zu lesen. Ich schreibe über nette Dinge, die ich getan habe, tröstliche Telefonate mit Freund*innen, das Backen leckerer Kuchen, Sonnenschein, das abendliche Feuermachen in meinem Garten, interessante Podcasts, neue erfüllende Arbeit, und doch ... meine Einträge sind kurz und bündig. Phrasen wie "Ich fühle mich jetzt besser" oder "Ich fühle mich ok" tauchen häufig auf. Neben den Berichten über meine blühende Tätigkeit mit den 5 Tricks im Kampf gegen den Coronavirus lese ich auch über schlaflose Nächte, eine Art betäubende Furcht und Unglauben, Einsamkeit und Langeweile.

Sonst noch jemand?

Ich kann mir vorstellen, dass viele von uns so denken. Die Ungewissheit der Zukunft ist bedrohlich geworden. Seltsam, wenn man darüber nachdenkt, denn die Zukunft ist per definitionem unbekannt und ungewiss. Sie wird es immer sein, wie sehr wir auch versuchen, zu planen und uns gegen Risiken abzusichern.

Ich erinnere mich an die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986, die sich auch in einem wunderbaren April ereignete. Damals lebte ich im Schwarzwald in Süddeutschland. Die Schönheit des auftauchenden Grüns und des Frühlingslichts stand in krassem Gegensatz zu der unsichtbaren Bedrohung durch Radioaktivität, die die Menschen in Süddeutschland als buchstäblich auf sie herabregnen sahen. Diese Krise fühlt sich ähnlich an, nur dass der Feind sich nicht in den Wolken, sondern in den Menschen versteckt und Misstrauen auch unter uns schafft. Menschen, denen ich auf Spaziergängen in der Nähe meines Zuhauses begegnete, schauten mich manchmal nicht einmal an, geschweige denn, dass sie mich begrüssten. Wir hatten alle solche Angst.

Wie werde ich von den Ereignissen berührt?

Das Wort "Berührung" ist für mich in diesen Zeiten zum Schlüsselbegriff geworden. Ich bin berührt von den Beispielen der Solidarität, die ich gesehen habe. Ich bin berührt von den schönen Ausdrucksformen von Menschlichkeit und Kreativität, die Künstler aus allen Gesellschaftsschichten und überall auf der Welt - sowohl Profis als auch Amateure - schaffen und sich frei im Internet verbreiten. Ich bin berührt von der Freundschaft, die ich durch Nachbarn erlebe, und von den neuen Begegnungen mit Menschen im Internet, die ich nie persönlich kennen gelernt habe. Ich bin berührt von dem entsetzlichen Leid, das ich im Fernsehen gesehen habe oder mir vorstellen kann, wenn ich nur Zeitung lese.

Die UNO berichtet, dass sich die Zahl der Menschen auf der Erde, die mit "akuter Nahrungsmittelknappheit" konfrontiert sind, in diesem Jahr mehr als verdoppeln wird. Ich bin gerührt und entsetzt von dem Gedanken, dass eigentlich niemand verhungern muss, auch jetzt nicht. Wenn die Reichen den Armen etwas geben würden, dann wären die Millionen von Arbeitern weltweit, die ihre Arbeit verloren haben und kein Einkommen haben, nicht in Gefahr zu verhungern.

Viele Menschen stehen vor einer existentiellen Krise und sogar vor dem Tod. Die Welt befindet sich auf einer unergründlichen Achterbahn des Wandels. Mein Verstand und meine Seele sind während dieser Pandemie so berührt worden wie nie zuvor. Doch in all diesem inneren Chaos ist mein Körper zurückgelassen worden. Ich bin körperlich nicht berührt worden: nicht seit Beginn des Lockdowns und der Einführung der Social Distancing.

Nach 2 Monaten wird mir klar, was das bedeutet. Ich vermisse akut die Berührung eines Händedrucks, oder eine Umarmung, einen engen Tanz oder einen Kuss... Ich vermisse sogar, dass meine Physiotherapeutin ein Gelenk ausdehnt oder einen verspannten Muskel massiert. Ich glaube, dass dies die Quelle meiner seltsamen Niedergeschlagenheit und des Gefühls der Leere ist.

Von Natur aus sind wir Wesen, die körperlichen Kontakt brauchen. Dokumentarfilme zeigen Primaten, die sich gegenseitig körperlich pflegen, um Stress abzubauen und Konflikte zu lösen. Wissenschaftliche Abhandlungen berichten über die verschiedenen Hormone, die durch Berührungen produziert werden. Es gibt sogar einen medizinischen Begriff für das, was ich erlebe: "Berührungsentzug" - auch bekannt als skin hunger - Hauthunger oder "touch starvation". Es gibt Informationen auf vielen Webseiten, die dieses Phänomen beschreiben und was ich in den letzten Wochen so intensiv empfunden habe. Lockdown öffnet sich in vielen Ländern, aber selbst an diesen Orten wird den Menschen, die als besonders gefährdet gelten, immer noch gesagt, sie sollen sich abschirmen und die strengen Regeln weiterhin einhalten. Wenn das "Normale" im Post-Lockdown immer noch die Isolierung der "besonders gefährdeten" Menschen fortsetzt, müssen die Auswirkungen des Hungers nach Berührung angegangen werden, denn dies ist genauso wichtig wie die Versorgung der Menschen mit Nahrung. Die Menschen werden nicht ausreichend ernährt, wenn wir nur eine Tüte mit Lebensmitteln vor ihrer Haustür stehen lassen.

Lebensmittellieferungen an Menschen, die während der Covid-19-Pandemie zu Hause Schutz gesucht haben. Foto von Alex Alpin
Lebensmittel an die Tür geliefert (Alex Olpin)

COVID-19: 5 Tipps für die Tage Zuhause

Die Nachrichten werden jeden Tag düsterer. Viele von uns leben in Lockdown. Wir sind verängstigt und das ist verständlich. Die Coronavirus-Krankheit verursacht eine Pandemie, die unsere Glaubenssätze, unsere Kultur, unsere täglichen Gewohnheiten und das Wesen unseres Lebens erschüttert. Es sind lebensverändernde Ereignisse für uns alle. Was auch immer dies zur Folge hat, was auch immer wir leiden oder lernen, ich vermute, dass das Leben nie wieder ganz dasselbe sein wird.

Werde ich in einen Abgrund von Angst, Hilflosigkeit und Verzweiflung fallen? Ich war dort, und das hat mich gelehrt, dass wir die Wahl haben und dass es nie so schlimm ist, wie unsere Phantasie und unser kreativer Geist es zulassen können. Nutzen Sie diese Kreativität lieber, um Hoffnung und Optimismus zu wecken, und machen Sie auf rein praktischer Ebene einen Plan, um sich selbst über Wasser zu halten.

5 Dinge für die Corona-Zeiten

Im Folgenden finden Sie eine Liste mit Dingen, die ich jeden Tag tun will. Wenn ich mich daran halte, wird alles gut. Es hat mir geholfen, den Plan zu visualisieren. Meine künstlerischen Bemühungen sind oben abgebildet!

Vielleicht könnte ein solcher Plan für Sie hilfreich sein? Es gibt noch andere Ideen. So hat beispielsweise die Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta H. Fore ein Videotagebuch aus ihrem Heimatbüro gesendet. In der Sendung am 4. Tag empfiehlt sie, einen Wohlfahrtsplan zu erstellen.
(Wenn es für Sie relevant ist, könnten auch die Ratschläge von Unicef zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie lesenswert sein).

Hier ist also meine persönliche Liste dessen, was ich täglich für mein Wohlbefinden brauche.

1. Bewegen Sie Ihren Körper!

Bewegung und Sport sind für mich absolut unerlässlich. So kann ich die Spondyloarthritis vom Leib halten. Wenn ich mich bewege, bin ich normalerweise schmerzfrei. Wenn ich mich nicht bewege, kommen die Schmerzen innerhalb weniger Tage zurück. Wie kann ich also die Wochenend-Bergausflüge, das Rückenturnen, den Trainings- und Klettersport, die Physiotherapie und das Fitnesscenter ersetzen, die mich in Bewegung halten?

Solange es mir erlaubt ist, werde ich früh morgens in den Hügeln hinter meinem Haus joggen gehen. Ich treffe niemanden und fühle mich sicher. Oder ich übe an manchen Tagen Rickie Moores wunderbares Yoga für den inneren Frieden, das eine Stunde dauert. Ich kann auch einfach gehen. Den unglaublichen Wert des Gehens hat mir der Neurologe Prof. Shane O'Mara in einem BBC-Podcast mit dem Titel Don't tell me the score" deutlich gemacht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gehen unsere Muskeln und unsere Körperhaltung fördert, die Organe schützt und repariert, die Verdauung unterstützt und sogar die Alterung unseres Gehirns zurückdrehen kann. Darüber hinaus regt es uns zu kreativerem Denken an, hilft uns, unsere Stimmung zu verbessern und unseren Stresspegel zu senken. Ich habe versucht, die Empfehlungen von Prof. O'Mara zum Thema Gehen zu befolgen, und ich glaube wirklich, dass sie funktionieren. Eine kurze Zusammenfassung mit 8 Gründen, warum Gehen so gut für Sie ist, finden Sie hier.

2. Sich durch Meditation um den Stresspegel kümmern

Manchmal bin ich sehr gestresst, was dazu führt, dass ich Fehler mache und Situationen falsch einschätze. Ich spüre sogar, wie sich mein Herzschlag beschleunigt oder meine Stimme angespannt wird. Um mich wieder zu entspannen, muss ich mich in das Hier und Jetzt hineinversetzen. Ich bin nie angespannt, wenn ich im gegenwärtigen Moment bin. Es ist das Nachdenken über ein Ereignis in der Vergangenheit oder die Sorge um die Zukunft, die mich gestresst macht.

Klettern, Laufen, Schwimmen oder andere körperliche Aktivitäten helfen zwar, den Geist zu konzentrieren, aber Meditation hat eine besondere heilende Wirkung. Manchmal kann ich auf meinem Kissen sitzen und körperlich spüren, wie die Spannung von meinem Körper abfällt. Es gibt so viele Schulen und Techniken zum Meditieren. Wenn Sie neugierig sind, ist alles im Internet zu finden.

Achtsamkeit ist auch ein sehr hilfreiches Instrument zur Reduzierung von Stress. Es ist nicht dasselbe wie Meditation. Mir gefällt diese einfache Art, diese beiden Praktiken zu unterscheiden:

Achtsamkeit ist das Bewusstsein von "etwas", während Meditation das Bewusstsein von "nichts" ist. (hier ist die Referenz)

Achtsamkeit bedeutet, sich des gegenwärtigen Moments bewusst zu sein. Es ist das Wahrnehmen und Achten auf Gedanken, Gefühle, Verhalten und alles andere, aber ohne zu urteilen. Jon Kabat-Zinn gründete an der Universität von Massachusetts das Programm Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) zur Behandlung chronisch Kranker.

Ich persönlich bevorzuge die Meditation. Es ist die Faszination, zu versuchen, eine völlig andere Bewusstseinsebene zu erreichen. Albert Einstein sagte bekanntlich: "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind". Meditation ermöglicht es mir oft, Probleme neu zu formulieren und Lösungen zu finden.

Im Internet gibt es massenhaft Informationen. Ich finde Andy Puddicombe eine faszinierende Person. Er hat die App Headspace mitbegründet. Ich kenne sie nicht, obwohl sie wahrscheinlich die beliebteste ist. Er hat hart daran gearbeitet, Meditation und Achtsamkeit in der heutigen Welt zugänglicher und relevanter zu machen.

Ich meditiere nun seit etwa 8 Jahren. Manchmal nur für 10 Minuten, aber jeder Tag ist der Schlüssel. Ich bin immer noch sehr abgelenkt, und das ist ganz normal, es sei denn, man ist wirklich, wirklich erfahren. Meine Praxis hat es mir (noch) nicht ermöglicht, jedes Mal, wenn ich auf meinem Kissen sitze, in ein verändertes Bewusstsein zu wechseln. Meine Praxis besteht darin, zu lernen, mich dabei zu ertappen, wie ich in andere Gedanken abdrifte und mich wieder zur Ruhe bringe. Das hilft bei der Problemlösung und beruhigt auch meinen Geist. Ich geniesse auch Meditationen, die mir helfen, einen bestimmten Geisteszustand zu entwickeln, wie zum Beispiel Liebende Güte oder Mitgefühl. Es gibt keine falsche und richtige Art zu meditieren!

3. Überfällige Arbeit erledigen

Viele Menschen denken so über den Lockdown. Sie können endlich die Arbeit erledigen, die sie schon seit Ewigkeiten tun wollten, oder einige der Bücher lesen, die auf dem Nachttisch gestapelt sind... Ich freue mich darauf, mehr zu bloggen und neue berufliche Aktivitäten als Patientenvertreterin in der medizinischen Forschung zu starten. Vielleicht haben Sie andere Projekte oder können alte Freunde wieder kontaktieren.

4. KEIN TV vor dem Schlafengehen!

Wir alle wissen, dass wir abends nicht online sein sollten, geschweige denn die Nachrichten sehen. Vor einigen Abenden gab es einen Abendbericht von einer Intensivstation in Bergamo in Italien, einer Stadt 30 km von der Schweizer Grenze entfernt, wo ein alter Freund lebt, der eine Lebertransplantation hatte. Ich war dumm genug, es mir anzusehen - wachte um 3 Uhr morgens auf, fühlte mich krank, mir drehte sich der Kopf. Ich fühlte mich fiebrig, aber mir war zu schwindlig, um mich zu bewegen. Als ich es schaffte, meine Temperatur zu messen, hatte ich etwas über 35°C! Ich hatte überhaupt kein Fieber!

Abends bin ich im Allgemeinen zu müde zum Lesen, darum muss ich etwas sehr Passives tun. Deshalb ist das Fernsehen eine solche Versuchung. Meine Lösung bestand darin, einige dieser alten Bildbände mit atemberaubenden Fotos über schöne Orte in der Welt herauszuholen und sie sich noch einmal anzusehen. Wunderbar! Ich habe mir solche Bücher seit Jahren nicht mehr angeschaut!

5. Erinnern Sie sich an die Kraft der Liebe und des Mitgefühls

Es ist mir wichtig, mich mit anderen verbunden zu fühlen und die Kraft der Liebe und des Mitgefühls zu spüren. Ein wunderbarer Arzt namens Sir Harry Burns, mit dem ich das Privileg hatte zusammenzuarbeiten, betonte kürzlich in einem Vortrag die Notwendigkeit von Liebe und Mitgefühl im Gesundheitswesen. Er bezog sich auf die Pflege anderer, aber auch auf die Pflege von uns selbst. (Sir Harry hat auch einen großartigen TED-Vortrag zum Thema "What causes Wellness" gehalten.)

Ich habe gehört, dass die Neurowissenschaften sagen, dass es für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden besser ist, zu geben als zu nehmen. Ich weiß nicht, ob es dazu wirklich evidenzbasierte Forschung gibt, aber ich kann es mir vorstellen. Sich gegenseitig zu helfen, in Kontakt zu bleiben, sich gegenseitig zu unterstützen, wird einen grossen Unterschied machen, wie wir diese Krise überwinden können. Und ich bin sicher, dass sich die Menschen trotz einiger Hamsterkäufe der Situation gewachsen zeigen werden. Allein dieses Wissen gibt mir Kraft und Hoffnung für die kommenden Tage und Wochen.

Passen Sie auf sich auf, bleiben Sie zu Hause, bleiben Sie gesund und bleiben Sie im Raum der Liebe und des Mitgefühls.